Was für ein grandioser Abend! Die Zollhausboys und – ein Girl liefen mit ihrem 3. Programm zur Höchstform auf. Neben harter politischer Aussagen gab es viel Nachdenkliches und dann wieder samtweiches Liedgut, wie das Liebeslied aus der Feder von Selin Demirkan, der einzigen Frau im Team. Und sie kann auf den Punkt kommen: behutsam und doch sehr deutlich, als sie in z.B. dem Lied „Im Herzen ist Krieg“ sang: „als wir so nebeneinander lagen wusst‘ ich, du kannst auch nicht schlafen. Man gewinnt keine Kriege mit geschlossenen Lidern“. Und vielen Besuchern stockte auch der Atem bei dem Lied über Sophie Scholl, bei dem sie am Schluss singt: „Sophie du kannst dir denken: sie töten wieder Menschen. Sophie was soll ich sagen, es stockt mir der Atem“. Selin Demirkan ist mit Sicherheit eine junge Künstlerin, von der man noch viel erwarten kann.
Ismael Foustok, von Anfang an dabei, hat sein Gitarrenspiel in den letzten Jahren perfektioniert und erweitert um seinen arabischen Sound, der seine Sehnsucht nach Syrien immer wieder einmal aufblitzen ließ, wie bei dem Lied „Hans im Glück?“ „Mein Herz zieht mich nach Syrien, doch gehör ich da noch hin? Hätt‘ ich dort eine Zukunft, wo ich doch hier schon fast – ein Hans im Glück bin?“
Viele Texte der Songs sind unter anderem von Azad Kuor, der von sich selber behauptet, er sei ein bisschen größenwahnsinnig, könne nur schlecht singen und keine Instrumente spielen. Aber mit seinen Rapptexten, seinen Tänzen und seinem Humor weiß er das Publikum sehr wohl für sich zu gewinnen. Zum Lachen hat er das Publikum mit seinem syrisches Rezept gebracht.
Was wäre eine Band ohne ein Schlagzeug? Shvan Sheiko auch 2015 nach Deutschland gekommen, beherrscht Trommeln, Drumsticks und kleine Besen, schreibt aber auch wunderbare Texte wie zum Beispiel das Lied „Hanau“, in dem es heißt „Neun Menschenleben, sie leben in uns weiter. Wir werden niemals aufhören ihre Namen zu schreiben……“ Oder auch: „Brem, ich mag dich! Du bist klein, pleite und sympathisch“
Einen Großteil der wundervollen Musik hat Thomas Kriszian für die Songs geliefert. Unauffällig, im Hintergrund aber immer präsent ist er der Meister der schwarz/weißen Tasten.
Hinter allem spürte und erlebte man die Handschrift Pago Balke’s, der Ruhe ausstrahlt und mit seiner Ausgeglichenheit die Gruppe lenkt und organsiert und mit dem Song „Alles so weit weg“ seinen Beitrag zum großen Thema „Klimaschutz“ leistete.
Dieser Abend war kein Abend für Schenkelklopfer und große Lacher, dies war ein Abend der leisen Töne, die manchmal bis ins Mark trafen und manchmal ein Lächeln ins Gesicht zauberten. Wie auch bei den vorhergehenden Programmen sang Pago Balke zum Schluss eine Hommemage für seine Musiker*innen, die dann ihrerseits ihre Anerkennung in der letzten Strophe zum Ausdruck brachten. „Alles nicht so einfach und dann denken wir für uns: wie schön, dass du da bist, du und deine Kunst!“
Dem kann sich der Veranstalter nur anschließen, den Akteuren danken und für die Deutschlandtour, sowie für die weitere Zukunft alles Gute wünschen.
Die folgende Bilder stammen von Sabine Prüser.