Kulturfahrt 2019

Noch waberten die Nebelschwaden über den Wiesen, als die Gruppe aus Langwedel am Sonntag morgen, den 15. September 2019 in Richtung Ostfriesland startete. Die richtige Atmosphäre, um die ehemaligen Moorkolonien rund um Aurich zu besuchen. Ziel war das Freilichtmuseum Moordorf! Nach einem ausgiebigen Frühstück in der „Kluntjestuv“ ging es mit einer Gästeführerin in die 3,2 ha große Moorfläche, bestehend aus dem Leegmoor und dem Hochmoor. „1765 erließ Friedrich II. das Urbarmachungsedikt, mit dem die Kolonisation des Moores in dieser Gegend begann. Für die Anfänge der Fehnkultur gilt der Spruch „dem Ersten der Tod, dem Zweiten die Not, dem Dritten das Brot“. Die staatlichen preußischen Moorkolonien entstanden ohne jegliche Unterstützung. Dies führte zu einer Verarmung über viele Generationen.“

Diese äußerst misslichen Verhältnisse konnte die Gruppe auf dem Rundgang erleben und nachvollziehen. 200 Jahre Entwicklungsgeschichte Moordorf, Lebens- und Arbeitsbedingungen, Wohnkultur, Torfabbau, Moorbrandkultur und Buchweizenanbau sowie Handwerks- und Arbeitstechniken waren zu sehen und wurden anschaulich erklärt.

Die Soden- und Plaggenhütten aus Torf, die authentisch nachgebauten Lehmhäuser und originale Steinbauten vermitteln auch heute noch einen Eindruck von den armseligen Bedingungen, wie auch von den sozialen Unterschieden im 20.Jahrhundert.

Nach 90 Min. ging die Fahrt weiter nach Jever: ein Wechsel von den Ärmsten der Armen zu den Herrschenden.

Ab dem 14. Jahrhundert wurde die ostfriesische Halbinsel von sogenannten „Häuptlingen“ regiert. Diese Mächtigen und Vornehmen herrschten über Land und Leute, rivalisierten untereinander und bauten sich prächtige Burgen und Steinhäuser, als Wehrbauten. Sie beherbergten aber auch Kanzlei und Familie und waren zugleich Mittelpunkt der Landesherrschaften und „Herrlichkeiten“. Im Mittelalter stellten die autonomen, genossenschaftlich organisierten Landesgemeinschaften Frieslands einen anderen Weg zur allgemein verbreiteten, feudalen Gesellschaftsstruktur in Europa dar. Viele Bauern konnten über den Grund und Boden, den sie bewirtschafteten, frei und ungehindert verfügen. Diese Freiheit wurde auf eine Verleihung durch Karl den Großen zurückgeführt. Er hätte dieses Recht als Motivation für die Landesverteidigung gegenüber den Normannen Einfällen verliehen: die Freiheit der Friesen war Königsfreiheit.

Die Häuptlingsburg zu Jever lässt sich für die Mitte bzw. das Ende des 14.Jahrhunderts belegen. Einerseits wird dieses Bauwerk dem Häuptling Edo Wiemken d. Ä. zugeschrieben, andererseits sind auch Quellen erhalten, die einen Fredo/ Fridericus von Jever benennen. Vermutlich war er erste Häuptling in der Region. Bereits im 15. Jahrhundert wurden die älteren Steinhäuser im Nordostflügel und der Küchenbau mit einer mächtigen Wehrmauer miteinander verbunden und bildeten ein trutziges Viereck, das von einem Wassergaben umgeben war. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde das Bauwerk grundlegend verändert. Das zu der Zeit regierende Fräulein Maria wollte zeigen, dass sie keine provinzielle Häuptlingstochter, sondern eine eigenständige Landesherrin war. Aus der ehemaligen Häuptlingsburg wurde das Schloss zu Jever und der Ausbau zu einer Residenzstadt wurde eingeleitet.

Eine kleine Auswahl der Artefakte der Ausstellung „Die Zeit der Häuplinge“ zeigen die folgenden Bilder (entnommen aus der Internetseite zu dieser Ausstellung):

Mit einem ordentlichen Kännchen ostfriesischem Tee endete diese spannende Tagestour.